Der neu gegründete Österreichische Cannabis Bundesverband ÖCB macht mit einer ebenso spektakulären wie falschen Pressemeldung auf sich aufmerksam. Foto: Bubu Dujmic
Mit der Headline „Gutachten kippt Verkaufsverbot für Cannabis“ startet die APA-Meldung schon reichlich selbstbewusst – nur um dann trocken in der Subheadline festzustellen: „Cannabis ab sofort wieder legal im Fachhandel erhältlich“.
Das ist durchaus spannend und wohl auch bezeichnend für das Rechtsverständnis der Betreiber von CBD-Shops: Ein selbst in Auftrag gegebenes Gutachten (von Prof. Dr. Heinz Mayer) kippt also Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes …
Die Argumentation
Es wird in den Raum gestellt, dass die Entscheidung der Zollbehörde, dass – gestützt auf die VwGH-Erkenntnis – der Verkauf legaler Cannabisblüten ausschließlich den Trafiken und Tabakgroßhändlern vorbehalten sei, falsch sei.
Das ist eine Rechtsauffassung. Sie kippt nicht automatisch geltendes Recht, sondern sieht einen juristischen Sachverhalt anders. Punkt.
Stellungnahme der Finanz
Das Bundesministerium für Finanzen reagierte postwendend: „Laut einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) unterliegen CBD-Blüten mit einem THC Gehalt von unter 0,3% der Tabaksteuer. Nach Rechtsauffassung des BMF unterliegt der Verkauf von CBD-Blüten damit ex lege auch dem Tabakmonopol. Nach dem Tabakmonopolgesetz dürfen grundsätzlich nur Trafiken dem Monopol unterliegende Waren an Konsumentinnen und Konsumenten verkaufen, Hanfshops daher nicht. Dieses Verbot gilt auch für Verkäufe per Automaten. Zusätzlich weist das BMF darauf hin, dass der Verkauf nicht versteuerter Tabakwaren finanzstrafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Das BMF prüft das heute vorgestellte Verfassungsgutachten von Prof. Mayer aktuell. Fakt ist aber: Ein Gutachten kann ein Verkaufsverbot nicht kippen. Daher dürfen CBD-Shops derzeit nach Rechtsansicht der Finanzverwaltung keinen rauchbaren Hanf verkaufen. Die Finanzverwaltung hält sich an rechtliche Normen sowie an Erkenntnisse der österreichischen Gerichte und betont, dass in Auftrag gegebene Privatgutachten nichts an der aktuellen Rechtslage ändern. Auf Basis der geltenden Rechtslage hat das Zollamt Österreich seit Ende März österreichweit bereits 59 Kontrollen durchgeführt. Die Ergebnisse werden abgaben- und finanzstrafrechtlich aufgearbeitet. Das Tabakmonopolgesetz sieht vor, dass Kleinhändler ihre Waren nur über konzessionierte Großhändler beziehen dürfen. Der Bewilligungsprozess für den CBD-Vertrieb über diese Großhändler ist derzeit im Laufen. Wann diese Genehmigungen, die unter anderem auch der Qualitätskontrolle und Sicherheit der Konsumentinnen und Konsumenten dienen, abgeschlossen sind, kann aktuell noch nicht abgeschätzt werden.“
Stellungnahme der MVG
„Auf Basis des VwGH-Urteils ist die Rechtslage aus Sicht der MVG eindeutig. CBD-Blüten werden laut Gesetz (Tabaksteuergesetz § 2) als „anderer Rauchtabak“ eingestuft und unterliegen daher der Tabaksteuer und dem Tabakmonopol.
Wir haben die Stellungnahme von Prof. Mayer geprüft und können die Argumentation nicht nachvollziehen.
Darüber hinaus dürfen keine rauchbaren Hanf-Waren verkauft werden, für die keine Tabaksteuer entrichtet wurde. Da die Steuerzahlung über die Großhändler erfolgt und der entsprechende Bewilligungsprozess noch nicht abgeschlossen ist, stellt ein Verkauf einen Verstoß gegen die steuerrechtlichen Vorschriften dar – mit möglichen finanzstrafrechtlichen Folgen.
CBD-Shops dürfen daher derzeit keinesfalls rauchbaren Hanf verkaufen.“
Interessantes am Rande
Auf seiner Website oecbverband.at beziffert der ÖCB den Jahresumsatz der Branche mit 500 Mio. Euro, davon entfielen 80% (400 Mio.) auf CBD-Blüten. Das ist doch eine ganz andere Hausnummer als die bislang für den Verkauf durch die Trafiken kolportierten 50 Mio. Euro.
Durch eingeschränktes Produktsortiment, fehlende Beratung und begrenzte Flächen in Trafiken geht der Verband von einem Umsatzrückgang von 70 Prozent und somit immer noch einem Marktvolumen von 120 Mio. Euro aus. Statt 80 Mio. Umsatzsteuer-Einnahmen nimmt der ÖCB nur noch 40,8 Mio. Euro an Tabaksteuer für den Fiskus an. Und unterschlägt dabei großzügig, dass auch mit den heimischen Trafiken als Bezugsquelle natürlich Umsatzsteuer fällig wird. Was den in den Raum gestellten Steuerverlust von prognostizierten 39,2 Mio. gegenüber der bisherigen Verkaufssituation durch CBD-Shops hinfällig macht.
Die Presseaussendung des Bundesverbands drückt auch gleich einmal auf die wirtschaftliche Tränendrüse: „Fast 500 CBD-Shops in Österreich erlitten Umsatzeinbrüche von bis zu 80 Prozent. Es kam zu Strafbescheiden, Steuernachforderungen und Insolvenzen. Zeitgleich wanderten Kund:innen ins Ausland ab – der österreichische Fiskus verlor Steuereinnahmen, und die Branche geriet in akute Existenznot.“
Das „Businessmodell“ der CBD-Branche beruhte aber bekanntlich nie auf geltendem Recht, sondern nutzte lediglich die Nicht-Vollziehung geltenden Rechts – jahrelang und offenbar höchst profitabel. Daraus ergibt sich aber nicht automatisch ein verbrieftes Anrecht darauf, mit diesem Geschäft im sehr dunklen legalen Graubereich bis zum sprichwörtlichen Sankt-Nimmerleins-Tag weitermachen zu können.
Eile ist geboten
So unsinnig es ist, den Konsumenten sowie Shopbetreibern vorzugaukeln, dass nun wieder wie zuvor straffrei CBD-Blüten verkauft werden dürften – in einem Punkt hat der ÖCB leider recht: Wenn es nicht schnellstmöglich legale Bezugsquellen für die nachgefragten Hanfblüten gibt versorgen sich die Konsumenten eben im Ausland oder auf dem Schwarzmarkt.