Das lange erwartete neue Trafik-Standbein kommt definitiv nicht schnell. Behörden und Beteiligte müssen erst ein Regelwerk für das neue Thema erarbeiten – wir beleuchten die Thematik für Sie.
Die Vorfreude von Konsumenten wie Trafikanten auf die flächendeckende Verfügbarkeit von legalen Hanfblüten war ein wenig verfrüht. Denn sämtliche Ebenen der Logistikkette kämpfen mit sehr weitreichenden Problemen, weil die gesamte Materie auch regulativ erst erarbeitet werden muss. Diese Prozesse sind gerade am Laufen, wobei sich Stolpersteine und Durchbrüche in kurzer Abfolge zeigen.
Verantwortung beim Zoll
Bei Importware obliegt es dem Zoll, die Rechtskonformität der ins Land gelangenden Ware zu prüfen. Was in der Praxis so abläuft: Die Ware langt im Steuerlager des Großhandels ein, der Zoll zieht dort Proben und sendet diese in ein Labor. Speziell die Grenzwerte des Suchtmittelgesetzes stehen dabei im Fokus – bis zu einem THC-Gehalt von 0,3 Prozent ist Hanf legal, darüber – und zwar schon ab 0,31 Prozent – verstößt er gegen das Gesetz. Bestätigt das Labor die Legalität, so wird die Lieferung für den Verkauf freigegeben. Derzeit muss deshalb noch geklärt werden, in welchem Umfang und mit welchem Prozedere die Proben gezogen werden. Was nicht zuletzt auch eine finanzielle Frage ist, weil die Prüfung das Produkt zerstört und jede Laboranalyse Geld kostet.
Hanf als Hochrisiko-Produkt?
Die garantierte Einhaltung des THC-Grenzwerts ist jedoch für sämtliche am Vertrieb von Hanfblüten beteiligten Stufen essenziell. Die Tabakgroßhändler klärten im Vorfeld im höchst eigenen Interesse juristisch ab, ob sie mit einem oder mehreren Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz ihre Großhandelslizenz oder betroffene Trafikanten ihre Konzession verlieren könnten. Dann wäre die Beschäftigung mit Hanfblüten ein gefährlicher Luxus mit im Vergleich zu Tabak- und Nikotinprodukten eher kleinen Umsätzen, aber hohem Risiko gewesen.
Dies scheint nach derzeitigem Rechtsverständnis nicht der Fall zu sein: Der Paragraph 27 des Gesetzes wird erst schlagend, wenn wissentlich die Grenzwerte übersteigende Ware verkauft wird. Dies gilt für Großhändler und Trafiken gleichermaßen. Beanstandete Ware muss aus dem Verkauf genommen und vernichtet werden. Ob dies dann gleich die gesamte Produktionscharge betrifft muss derzeit noch geklärt werden.
Das sensible Produkt Hanfblüte wird aber ohnehin mehrfach getestet. Schon im Zuge der Ernte werden Proben gezogen, beim Exporteur nochmals. Dadurch sollte Ware, die sich dem Grenzwert von 0,3% THC gefährlich nähert, gar nicht erst auf den österreichischen Markt gelangen – sie kann in anderen Ländern mit höheren THC-Grenzwerten ohnehin problemlos verkauft werden. Dennoch wird der Großhandel durch eigene Beprobung im Zuge des Wareneingangs nochmals sicherstellen, dass die zum Verkauf bestimmte Ware nach bestem Wissen und Gewissen gesetzeskonform ist.
Anlaufschwierigkeiten
Sämtliche Großhändler hatten sich mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs von 29. Jänner auf die Suche nach Bezugsquellen gemacht, um das neu entstandene Segment möglichst rasch mit gesetzeskonformer Ware füllen und die heimischen Trafiken beliefern zu können. Und sie waren grundsätzlich auch erfolgreich mit ihrer Suche.
Regulativ ist das Thema jedoch für alle Beteiligten Neuland. Bislang reichte für den zuständigen Zoll eine Feststellung zu Hanf aus: Hat er unter oder über 0,3 Prozent THC? Das nun zu erarbeitende Regelwerk hat mit einer Spannweite vom Anbau über Beprobung und der Ausgabe von – ebenfalls neuen – Bewilligungen eine ganz andere Komplexität. Der heimische Großhandel muss beispielsweise seine bisherige Tabaklizenz um Hanf erweitern.
Die volatile Situation verändert sich derzeit oft innerhalb weniger Tage – kurz nachdem völliger Stillstand befürchtet werden musste kann es schon wieder besser aussehen. Der aufwändige Prozess hat aber sein Gutes: Je mehr im Vorfeld klargestellt und definiert wird, desto weniger Probleme sind später zu erwarten. Womit sichergestellt sein sollte, dass letztlich auf den Markt kommende Produkte für alle an der Produktions- und Distributionskette Beteiligten möglichst risiko- und problemlos sind.
Konstruktiv, nicht blockierend
Aus dem Großhandel ist zu hören, dass kein politischer Gegenwind zu verspüren ist. Immerhin hat das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs der Politik die Entscheidung abgenommen, nun gehe es darum, es mit Leben zu füllen. Und die Zusammenarbeit mit dem Zoll auf Beamtenebene sei sehr konstruktiv und laufe wirklich ergebnisorientiert ab. Vielfach werde von Mitarbeitern des Zolls auch betont, dass man letztlich froh darüber sei, dass das bislang teils im Graubereich der Gesetze angesiedelte Thema nun klar geregelt werden muss.
Vorläufiges Fazit
Zoll und Großhändler arbeiten fieberhaft daran, möglichst bald verkaufsfertige Produkte in die heimischen Trafiken zu bekommen. Die Produkte sind ausgewählt und teils auch schon angekündigt, sämtliche Voraussetzungen für eine Preisanmeldung jedoch noch nicht erfüllt. Dies kann sich zwar – siehe oben – rasch ändern, aufgrund der Erfahrungen der vergangenen sechs Wochen sieht sich derzeit aber niemand in der Lage, eine seriöse Schätzung für den Zeitpunkt des Marktstarts abzugeben. Ist der bürokratische gordische Knoten jedoch erst einmal geplatzt, ist zu erwarten, dass legale CBD-Produkte verschiedenster Marken und Sorten nahezu zeitgleich verfügbar sein werden.
Was die heimischen Trafiken davon zu erwarten haben? Der österreichische Markt wird auf ein Potenzial von 3-5 Tonnen oder 50 Mio. Euro Umsatz geschätzt. Dieses Volumen lässt sich gut mit den Zuwächsen 2024 des Gesamtmarktes der E-Zigaretten und Vapes vergleichen.
Den vollständigen Artikel können Sie ab 21. März in der druckfrischen Printausgabe nachlesen.