Die zweite Tagsatzung vor dem Handelsgericht brachte wenig Neues, dafür aber mehr Klarheit in die Angelegenheit.
Am 22. Jänner hatte das Aufeinanderprallen des Simmeringer Trafikanten Robert Ruthner sowie der Monopolverwaltung vor dem Handelsgericht für Aufsehen gesorgt. Ruthner hatte im März 23 seinen Bestellungsvertrag gekündigt, seine Trafik ist mangels Wertgutachten aber immer noch nicht ausgeschrieben.
Der zweite Verhandlungstag
Die Tagsatzung am 18. März war gleich auf mehr als fünf Stunden angesetzt worden. Und diese Zeit wurde auch benötigt. Mit Prof. Romuald Bertl als Ersteller des Rahmen- sowie des Ruthner-Gutachtens, MVG-Wien-Leiter Ernst Koreska, MVG-Geschäftsführer Hannes Hofer sowie dem Gutachter Dr. Gerd Konezny sagten gleich drei Zeugen und ein Beklagtenvertreter aus.
Professor Bertl war im Zeugenstand wie erwartet souverän und konnte die Entstehungsgeschichte seiner Gutachten sowie die unterschiedliche Bewertungshöhe klar kommunizieren. Foto: mh
Die deutliche Diskrepanz zwischen seinem ersten Ruthner-Gutachten mit Stichtag Ende Februar 2023 und dem zweiten Ende Juni 2023 um 1 Mio. Euro führte Prof. Bertl darauf zurück, dass er die Aussagen und Erwartungen Ruthners zur Entwicklung seiner Nebenartikel-Verkäufe ursprünglich übervorsichtig beurteilt hatte. Denn angesichts der dynamischen Umsatzkurve der Trafik sowie der in den 3-Jahres-Zeitraum fallenden Pandemie-Jahre müsse bei dieser Bewertung die Prognose in hohem Maße berücksichtigt werden. Die Zwischenbilanz im Juni desselben Jahre hätte dann gezeigt, dass die Erwartungen des Trafikanten übererfüllt wurden – entsprechend höher sei damit das Wertgutachten, welches exakt nach den Prinzipien des Rahmengutachtens erstellt wurde, ausgefallen.
Die Aussagen der MVG
Ernst Koreska meinte, für den bestellten Gutachter Dr. Konezny gebe es keine Erwartungshaltung seitens seines Auftraggebers – eine Trafik an einem Frequenzstandort mit guten Nebenartikelumsätzen werde immer einen hohen Wert erzielen und es sei nicht Aufgabe der Monopolverwaltung, diesen zu drücken.
Hannes Hofer gab an, dass der Erstgutachter Andreas Tauchner andere Bewertungsansätze als Prof. Bertl gehabt habe – der Versuch, Tauchner und Bertl zur Zusammenarbeit zu bewegen, wäre trotz mehrfacher Treffen leider gescheitert. Der dann beauftragte Dr. Konezny hätte zugesichert, sein Gutachten auf der Basis des Rahmengutachtens aus 2018 zu erstellen. Es wäre immer das Ziel gewesen, die Trafik Ruthner in die nächstmögliche Ausschreibung zu bekommen.
Der aktuelle Gutachter
Gutachter Dr. Konezny bestätigte, dass eine Prognoserechnung unumgänglich sei. Den Vorschlag, jene von Prof. Bertl zu übernehmen, lehnte er ab: „Ich arbeite unabhängig auf Basis der Unterlagen. Und ich lasse mir keine Methodik vorschreiben.“ (Anm. d. Red.: Wie auch immer das mit der Zusage, sich am Rahmengutachten zu orientieren, zusammen passt.)
Aufgrund der Qualität und Aktualität der Ruthner-Buchhaltung wäre die von der MVG gewünschte rasche Gutachtenserstellung bis Ende des Sommers 2023 möglich gewesen, doch dann sei Bertl II gekommen. Und dieses Gutachten habe eine zweite (mittlerweile von der MVG bewilligte, aber bislang nicht umgesetzte) Expresskassa berücksichtigt und zu einem deutlich höheren Unternehmenswert geführt. Im September habe er eine Zwischenbilanz mit Ende September, Anfang Oktober Unterlagen mit Stichtag 31. Oktober 2023 angefordert, diese sowie eine Antwort aber nie erhalten. Ab Vorliegen aller Unterlagen wäre ein Gutachten innerhalb von 3-6 Wochen realistisch.
Ruthners Replik
„Dr. Konezny hat die gleichen Unterlagen erhalten, mit denen auch Professor Bertl seine Gutachten erstellen konnte. Und mehr. Dass er ständig weitere Unterlagen fordert sehe ich nicht ein.“ Immerhin habe der Sachverständige alle Erlösberichte auf Monatsbasis, getrennt nach Monopol- und Nichtmonopolware, dazu die Personalverrechnung, den Pachtvertrag mit der Umsatzpacht je Warengruppe sowie alle Informationen über das zweite Verkaufsfenster.
Die eigentlichen News
Am ersten Verfahrenstag war das Fehlen eines Bewertungsstichtages kritisiert worden. Im Zuge der Befragungen stellte sich nun heraus, dass MVG und Gutachter am Stichtag 31. Oktober 2023 festhalten wollen – und für diesen liegen ja sämtliche Daten vor.
Wie geht es weiter?
Der Richter setzte für den 13. Mai dieses Jahres den nächsten Verhandlungstermin an. Gleichzeitig wurde MVG-seitig betont, man versuche das Gutachten bis dahin fertig zu haben um diesen Termin gar nicht mehr zu benötigen. Von den nackten Zahlen abgesehen fehlt allerdings auch noch die erstmalige Besichtigung der Trafik durch den Gutachter.
Dann liegt es an Robert Ruthner, die Höhe der Ablöse aus dem Konezny-Gutachten zu akzeptieren. Oder aber die Kündigung seines Bestellungsvertrages zurück zu ziehen und/oder die sachliche Richtigkeit des Gutachtens auf dem Verfahrensweg zu bekämpfen. So oder so wird ein künftiger Übernehmer der Trafik Ruthner aber jedenfalls finanziell siebenstellig ausgestattet sein müssen. Wann und mit welcher Ablöse ein Nachfolger einsteigen könnte, bleibt weiterhin abzuwarten.
Den vollständigen Artikel können Sie ab 17. April in der druckfrischen Printausgabe von TRAFIK aktuell nachlesen.