Wir haben mehrere Berufsvertreter zu ihren Gedanken rund um den neuen Kollektivvertrag der Handelsangestellten befragt.
Andreas Schiefer, Landesobmann Wien:
Als Unternehmer und erst recht als in der Kalkulation beschränkter Trafikant ist diese Erhöhung ein Wahnsinn. Aber natürlich gönne ich meinen Mitarbeitern das Geld.
Doch es gibt ein paar Möglichkeiten, wie man reagieren kann:
- Passen meine Dienstplanung und eventuell sogar meine Öffnungszeiten zur Kundenfrequenz? Eine Bahnhofstrafik am Land muss vielleicht um 6.00 Uhr schon offen sein, dafür kann sie von 9-14.00 quasi zusperren. Und hat dann halt von 14 bis 19 Uhr offen. Ich könnte von der Frequenz her auch am Vormittag zu haben – und das in Wien.
- Aufstiegstrafiken werden immer wichtiger – gerade wenn mein Standort nicht mehr lebens- oder steigerungsfähig ist. Oder man zieht innerhalb des eigenen Rayons dorthin, wo die Kunden sind.
- Eine weitere Möglichkeit liegt in der Teilautomatisierung. Es gibt eine wachsende Zahl von Kunden, die nicht mehr kommunizieren wollen. Die kann ich mit Automaten oder auch einer Bildschirm-Bestellung im Geschäft abholen. Ein Automat, der 2.000 Euro am Tag umsetzt, ersetzt fast einen Mitarbeiter. Und gutes Personal ist ohnehin fast nicht zu bekommen.
- Keine Angst vor freier Preisgestaltung von Nebenartikeln! Ich verkaufe die Pouches teurer als die Umgebung und ich verkaufe weiterhin gut. Dazu muss man die Abweichung zum UVP in vernünftigen Maßen halten – dann siegt beim Kunden die Bequemlichkeit. Gerade den jüngeren Leuten sind Unterschiede von 20, 30 oder 50 Cent meist egal, auch bei Einweg- und Pod-E-Zigaretten. Viele Male 50 Cent mehr sind am Ende des Tages auch ein Hunderter.
- Zeiträuber und „Serviceangebote“: Bei sinkenden Lotto-Umsätzen pro Schein habe ich die gleiche Arbeit, aber weniger Provision. Angebote mit 2% und weniger Spanne wie Briefmarken, Fahr- und Parkscheine wollen ebenfalls überdacht werden. Da muss man mit dem eisernen Besen durch sein Portfolio gehen – oder auf einen besseren Standort wechseln.
Barbara Mannsberger, Stvtr. Bundesgremialobfrau und Landesobfrau Steiermark:
Leider war schon seit der Ankündigung, dass die Pensionen um über 9% erhöht werden, zu befürchten, dass auch die Handelangestellen-KVs nahe an der Inflation abgeschlossen werden. Für uns Trafikanten ist eine Erhöhung um 8,4 % eine große Belastung, da wir wenig Möglichkeit haben, die Preise dementsprechend anzupassen. Trotzdem bin ich froh, dass wenigstens nicht auf 2 Jahre abgeschlossen wurde, sodass die nächste Erhöhung der Entwicklung des Jahres 2024 angepasst werden kann.
Was kann man tun, wenn es nicht so gut läuft: einsparen oder mehr Umsatz machen.
Einsparungen machen meistens nur bei den großen Kosten einen Sinn, wie etwa den Gehältern. Kurzfristig wäre auch eine Herabsetzung der Mitarbeiterstunden eine kleine Entlastung, sofern das die Kapazitäten erlauben.
Und mehr Umsatz: Ich bemerke schon seit dem Vorjahr, dass wir im Landesgremium sehr viele Automatenansuchen bekommen. Das ist gut so, dass Trafikanten innovativ sind und zusätzlichen Umsatz generieren möchten!
Ein anderes Thema ist eine noch bessere Kalkulation: Produkte, die nicht preisgeregelt sind, müssen gut kalkuliert werden. Keinesfalls darf der vorgeschlagene VKP des Großhändlers ohne nachzurechnen weitergegeben oder gar unterboten werden.
Otmar Schwarzenbohler, stvtr. Landesobmann NÖ:
Bei den Verhandlungen war eigentlich vorab klar, dass das kein Plus von fünf Prozent werden wird. Es gibt ja seit Jahren die Einigung auf die durchgerechnete Inflationsrate als Ausgangsbasis der Verhandlungen. Das wirkliche Ei hat uns die Regierung mit der unverhandelten Pensionserhöhung von 9,7 Prozent bzw. der Erhöhung der Beamtengehälter um 9,2 Prozent gelegt. Das war natürlich die Benchmark für die Gewerkschaft. Als Zuckerl hat uns der Finanzminister den Fortbestand der Teuerungsprämie angeboten – aber nur im Rahmen einer kollektivvertraglichen Einigung. Auf eine Einmalzahlung ist uns die Gewerkschaft aber nicht eingestiegen, weil sich das nicht auf zukünftige Erhöhungen niederschlägt.
Wir haben uns nicht wie die Metallindustrie auf ein zweijähriges KV-Modell eingelassen – dies hätte zu viele Unbekannte enthalten und damit Planungsunsicherheit für die Unternehmen gebracht.
Gutes Personal ist derzeit fast unmöglich zu bekommen, selbst Leute mit Handelserfahrung sind oft ungeeignet für die Arbeit in der Trafik. Das mit Automaten ausgleichen zu wollen will aber auch gut überlegt sein: Wenn man Standorte und Inhalt nicht richtig gut plant kannibalisieren sich die Automaten gegenseitig.
Im eigenen Geschäft konnte ich die geplante Mieterhöhung bremsen, weil ich andernfalls mit Auszug gedroht habe. Und ich bin durch eine eigene Photovoltaikanlage auf dem Traisenpark energieautark. In der Nachfrage profitiere ich von der Verlagerung von der Zigarette hin zum Tabakerhitzer und vom Boom der Vapes – mit deren Spannen geht es sich aus.